Waldpark Sieglitzer Berg

Sieglitzer Berg - Sommerfrische des Fürsten Franz von Anhalt
Am östlichen Eingang des Sieglitzer Waldparks begrüßen die Statuen von Diana und Apollo die Besucher aus Richtung Vockerode

Noch heute, da die Gebäude und Monumente des Sieglitzer Berges zerstört sind oder verfallen, die Parklandschaft sich zum Wald geschlossen hat, spürt man etwas vom Einsam-Besinnlichen, Melancholie Streifenden dieser Anlage am befestigten Hochufer der Elbe.

Ausgewachsene, mitunter mächtige ausladende Koniferen, Fremdlinge im Auenwald, verweisen den aufmerksamen Betrachter darauf, daß hier einst gestaltende Absicht gewirkt hat. "Einfach, ungekünstelt ist die ganze Anlage dieses Berges. Nur die Natur hat geordnet, was die Natur ungeordneter und ungepflegter liegen ließ", so äußerte sich der Gartenkenner Grohmann 1799 im "Taschenbuch für Gartenfreunde", und an anderer Stelle charakterisierte er den Sieglitzer Berg mit folgenden Worten: "Die Empfindungen des Herzens, das Interessierende sollte her genährt und unterhalten werden."

Auf einer Fläche von ca. 23 Hektar erstreckt sich der Park inmitten der Elbaue auf dem Radweg zwischen Dessau und Vockerode. Mit der Anlage wurde 1777 unter der Regentschaft von Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau auf einem hochwassergeschützten Bereich begonnen, der aufgrund der Lage schon früher als Siedlungsplatz genutzt wurde.

Übersichtskarte

Die Karte zeigt das Areal des Sieglitzer Berges, wie es ursprünglich im 18. Jahrhundert angelegt wurde. Mit der Änderung des Verlaufs der Elbe ist der Hafen heute nicht mehr vorhanden. Die Bilder auf der Karte zeigen den aktuellen Stand aus dem Jahre 2009 und 2010.

Solitüde
Die Solitude im Sieglitzer Waldpark in einer historischen Aufnahme aus dem Jahre 1908

Den zentralen Punkt der Anlage bildet die Solitüde, ein dorischer Tempelbau am Ufer der Elbe. Die Solitüde ist der Ausgangspunkt von 3 Sichtachsen, welche wie ein Netz den gesamten Park erfassen. Als Endpunkte dieser Sichtachsen dienten dort aufgestellte Plastiken. Die Solitüde wurde 1777 - 1783(37 nach Plänen von Erdmannsdorff mit schlicht ausgestatteten Wohnräumen errichtet.

Von Fürst Franz "Der Besserung" benannt diente die Solitüde der Erholung. Fortschrittlich war zur damaligen Zeit die Warmwasserversorgung, welche mittels Röhrensystem vom nahegelegenen Küchengebäude in die Solitüde geleitet wurde.

Der Rotary-Club Dessau hat sich dem Wiederaufbau des Gebäudes in seiner ursprünglichen Form zur Aufgabe gemacht. Nach einigen Jahren der Vorbereitung erfolgte im Mai 2008 die Grundsteinlegung für die Wiederrichtung. Nächstes Ziel ist die Fertigstellung des Rohbaus im Jahr 2010

Gebäude des Parks
Das Monument (Küchengebäude) im Sigltzer Waldpark bei Vockerode in einer historischen Zeichnung

Von den ursprünglich vorhandenen Gebäuden des Parks sind heute nur noch die Überreste der Solitüde, des Monuments und der Gaststätte zu finden.

Das Monument, welches sich in unmittelbarer Nähe der Solitüde befindet, wurde als Keller und Küche genutzt. Derzeit ist das Kellergewölbe noch erhalten.

Vom Stallgebäude ist heute am ursprünglichen Standort des Dessauer Tores nichts mehr zu finden. Der Standort der Gaststätte mit Fasanerie lässt sich noch heute an einem verfallenen Kellergewölbe und einigen genuteten Sandsteinsäulen ermitteln. Ein verwilderter Obstgarten in unmittelbarer Nachbarschaft lässt noch immer auf eine Nutzung in damaliger Zeit schließen. Vom Wildhüterhaus und der Erimitage, ein Holzbau welcher als Gärtnerhaus genutzt wurde, ist heute nichts mehr vorhanden.
Die Umfriedung und die Tore der Parkanlage

Der gesamte Sieglitzer Park wurde nach seiner Anlage komplett umzäunt. Der Zugang war nur durch eines der drei Tore möglich. Aus Richtung Vockerode gewährte das Burgtor, aus Richtung Dessau das Dessauer- oder Kupenwalltor und aus Richtung Süden das Klassizistische Tor den Zugang zur Anlage. Aus Richtung Norden bildete die Elbe eine natürliche Barriere. Es ist zu vermuten, dass dies zum Schutz vor dem Wild in der Elbaue geschehen ist.

Das Dessauer Tor am Kupenwall bildet den westlichen Abschluss des Sieglitzer Waldparks in der Nähe von Vockerode

Das Dessauer oder Kupenwalltor wurde als schlichtes Barocktor im Jahre 1780 errichtet. Der Standort liegt im Schnittpunkt von Kupenwall und Platanenwall aus Richtung Norden in der Nähe einiger mächtiger Plantanen. In einer Bestandsaufnahme aus dem Jahre 1992 wird berichtet, dass das Tor nicht mehr vorhanden war. Dort ist zu lesen: "Davon ist außer einigen Ziegelsteinen oder Sandsteinteilen nichts mehr vorhanden"(37

In den Jahren 1791/92(37 wurde das Antikisierende oder Klassizistische Tor am südlichen Wallbereich errichtet.

Baulich am imposantesten zeigt sich das 1793(37 an der Ostseite der Parkanlage errichtete neugotische Backstein- oder Burgtor.

Ein Wildererdrama am Sieglitzer Berg

Am Nachmittag des 5. Oktober 1874 hatte bei ungewöhnlich niedrigem Wasserstand der Elbe ein großer Elbkahn am Matzwerder ohne erkennbaren Grund Anker geworfen. Die Schiffer hatten die Absicht, die Nacht hier zu verbringen. Warum, sollte sich bald zeigen. Gegen Abend hörte der Förster Kilz, der auf den Kliekener Rittergütern seit langen Jahren den Forst betreute, bei einem Gang durch sein Revier in der Nähe der Elbe einen Schuß. Er ging dem Schalle nach zum Strom hinunter und sah den festgemachten Kahn. Aber er sah noch mehr. Zwei Männer fuhren mit einem Handkahn an das Schiff und brachten einen größeren, nicht erkennbaren Gegenstand an Bord. Sofort zog er den richtigen Schluß, daß die Schiffer im Kliekener Wald gewildert hatten. Allein an die Wilderer heranzugehen, konnte er nicht wagen. Er kannte die Akener Schiffer und wußte, daß sie zu allem fähig waren.

Darum holte er zunächst den Waldwärter Enke vom Kliekener Buschkrug, ließ sich dann über die Elbe setzen und erstattete dem Revierförster Schlieter in Vockerode Bericht. Zufällig war auch der Gendarmeriewachtmeister Jungmann aus Dessau anwesend. Sie erklärten sich sofort bereit, an der Festnahme der Wilderer mitzuwirken. Alle vier begaben sich nach der Elbe, erstiegen den Kahnund fanden ihn meschenleer. Die Kajüte war verschlossen.

Die Beamten kamen zu der Überzeugung, daß es sich um gewerbsmäßige Wilderer handelte. Da man mit der Möglichkeit rechnete, daß die Leute zum Einkaufen von Lebensmitteln zum Sieglitzer gegangen waren, wurde der Waldwärter nach dort geschickt.

Kurz darauf vielen in der Nähe Schüsse. Sie konnten nur von den Schiffern abgegeben worden sein. Da sie nach dem Kahn zurückkommen mußten, legten sich die Beamten in seine Nähe in den Uferweiden in den Hinterhalt. Es dunkelte schon stark. Etwa eine halbe Stunde mussten sie warten. Dann kamen die Wilderer zurück. Einer von ihnen trug ein erlegtes Stück Dammwild, der andere sein Gewehr.

Die Überraschung gelang nicht voll, weil ein Wilderer auf dem Posten war. Sie gingen sofort zum Gegenangriff über. Ein furchtbarer Kampf Mann gegen Mann begann. Zum Schießen war auf keiner Seite Gelegenheit. Mit Gewehrkolben und Hirschfängern schlugen die Männer aufeinander los. Es ging für alle ums Leben. Bis in das Wasser setzte sich das erbitterte Ringen fort.

Die Beamten, durchweg ältere Leute, waren den Wilderern nicht gewachsen. Kilz wurde durch Hiebe auf den Kopf, die, wie sich später herausstellte, eine Gehirnerschütterung verursacht hatten, außer Gefecht gesetzt. Er versuchte sich nach dem Sieglitzer zu schleppen, blieb aber unterwegs liegen und wurde erst in der Nacht gesucht. Ebenso erging es Schlieter. Auch Jungmann wurde niedergeschlagen, und zwar vom Kahn aus mit einem Bootshaken, der mit voller Wucht den Kopf traf. So konnten die ebenfalls verwundeten Schiffer ihre Beute in Sicherheit bringen.

Sie machten nun den Kahn losund ließen ihn talwärts schwimmen. Jungmann war der erste, der einigermaßen zur Besinnung kam. Er erreichte mit Mühe und Not den Sieglitzer und alalrmierte die Bewohner. Zunächst wurden die beiden im Walde liegenden Verwundeten gesucht und nach dem Sieglitzer gebracht. Dann machte sich der Gastwirt Hitschke und der Waldwärter Enke auf zu Verfolgung. Es mußte der Versuch gemacht werden, den Kahn beim Treiben durch die Elbbrücke anzuhalten. Das gelang nicht, obwohl sogar auf ihn geschossen wurde. Die Verfolgung wurde dann fortgesetzt, an Aken vorbei bis Steckby. Dort konnte der Kahn abgefangen werden.

An Bord befanden sich die Akener Schiffer Hohmann und Matthias. Ersterer hatte drei Wunden, letzterer acht und lag in bedenklichem Zustand im Bett. Beide wurden sofort in Haft genommen. Von den Beamten war Schlieter am schwersten verwundet. Er starb nach vier Wochen an einer hinzukommenden Lungenentzündung.

Vom Schwurgericht Dessau wurden die Wilderer am 26. Februar 1875 zu 10 Jahren und 3 Monaten Zuchthaus verurteilt. Am 02. November 1875 konnten sie aus dem Zuchthaus zu Coswig entweichen, wurden aber am 08. Januar 1876 in Hamburg wieder ergriffen. Am 08. Juni 1880 nahm sich Hohmann im Zuchthaus Coswig das Leben, der andere verbüßte seine Strafe bis zum Ende.

Aus Chronik von Waldersee und Mildensee(43

Quellennachweis
37) Paul Valteich; Wolfgang Paul: Dessauer Kalender 1992 - 1991
43) Otto Lange: Chronik von Waldersee und Mildensee - 1956

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